Demonstrationen gegen Auftritt des Rechtsextremisten Martin Sellner

Demonstrationen gegen Auftritt des Rechtsextremisten Martin Sellner

Klare Botschaft an der Phil Fak
Foto: Jannik Pflur

Der österreichische Autor Martin Sellner ist eine der zentralen Persönlichkeiten im deutschsprachigen Rechtsextremismus. Am 29. Juli will er auch in Marburg sein in diesem Jahr erschienenes Buch „Remigration. Ein Vorschlag“ vorstellen. Doch dagegen regt sich enormer Widerstand.

Der geplante Auftritt ist Teil einer Reihe von Lesungen mit mehreren Auftritten in Deutschland. Dass Sellner nach Marburg kommt, will die Stadt verhindern oder zumindest nicht unwidersprochen geschehen lassen. Am 29. Juli wird es dazu eine Kundgebung unter dem Titel „Keine Propaganda für Remigration“ vor dem Erwin-Piscator-Haus geben. Organisiert wird sie von der Stadt und dem zivilgesellschaftlichen Netzwerk Marburg für Demokratie und gegen Rechtsextremismus, bestehend aus Vereinen, Organisationen und Einzelpersonen, das im April dieses Jahres in Folge der Demonstration „Marburg gegen Rechts“ gegründet wurde.

Remigrations-Pläne unter Beobachtung des Verfassungsschutzes

Sellners Rolle in der rechtsextremen Szene beschäftigt auch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Er gilt als Hauptakteur der „Identitären Bewegung“, die im Verfassungsschutzbericht als gesichert rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung geführt wird. Der „Verlag Antaios“, in dem auch sein aktuelles Buch erschienen ist, wird als Verdachtsfall eingestuft. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden ist Sellner als Referent bei dem Potsdamer Geheimtreffen, auf dem Pläne zur Remigration besprochen wurden. Auf die Problematik dieses Begriffs und des dahinterstehenden Gedankenguts wurde bereits zuvor durch die Ernennung zum Unwort des Jahres aufmerksam gemacht. Rechtsextremismus-Forscher Bernhard Weidinger beschreibt es so: „Man will sozusagen zurück zu einer völkischen Reinheit, die es nie gab, die man aber in eine idealisierte Vergangenheit projiziert.“

Einreiseverbot gerichtlich gekippt

Im Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, dem bis auf den AfD-Vertreter alle Mitglieder zustimmten, heißt es: „Die Universitätsstadt Marburg missbilligt mit allem Nachdruck, dass Martin Sellner in Marburg Thesen zur Vertreibung eines Teils unserer Einwohner*innen propagieren will.“ Diese Thesen seien menschenfeindlich und eine Gefahr für das Gemeinwesen, die Demokratie und die Verfassung. Oberbürgermeister Thomas Spies (SPD) betont: „Die Universitätsstadt Marburg ist eine vielfältige, tolerante und weltoffene Stadt, in der es keinen Platz gibt für Rechtsextremismus, Hass, Hetze und jede andere Form von Menschenfeindlicheit.“ Die Stadt unterstütze „alle Bestrebungen, Martin Sellner die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu untersagen“.

Ein deutschlandweites Einreiseverbot verhängte die Potsdamer Ausländerbehörde, wogegen Sellner Protest einlegte und vor dem Verwaltungsgericht Potsdam Recht bekam. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung liege demnach nicht vor. Dies ist Voraussetzung für ein Einreiseverbot für EU-Bürger*innen. Die Verbreitung von verfassungsfeindlichen Ideologien und ein Anfangsverdacht auf Volksverhetzung sowie das Ziel, die Leserschaft für sein Buch zu begrenzen reichen dem Gericht zufolge ebenfalls nicht für Einreiseverbot aus. In den USA und Großbritannien gilt hingegen ein Einreiseverbot gegen Sellner. Da der Auftritt wohl in privaten Räumlichkeiten einer Burschenschaft stattfinden soll, sind anderweitige Möglichkeiten ihn tatsächlich zu verhindern begrenzt.

AStA und weitere Gruppen wollen Auftritt stören

Aber nicht nur die Stadt wehrt sich gegen den Auftritt. Auch der AStA, das Offene Antifaschistische Treffen und die Interventionistische Linke Marburgs rufen auf Instagram gemeinsam zum Protest auf: „Lasst uns gemeinsam auf die Straße gehen und die Veranstaltung mit Martin Sellner verhindern! Lasst uns gemeinsam für eine Gesellschaft der Vielen auf die Straße gehen!“

Die Kundgebung der Stadt Marburg werde zwar grundsätzlich begrüßt, doch es wird kritisiert, dass sie in Kooperation mit CDU und FDP stattfinde, die keinen Unvereinbarkeitsbeschluss mit dem Verband „Deutsche Burschenschaft“ gefasst haben. Im Kampf gegen den Faschismus könne man außerdem nicht auf den Staat vertrauen. Die Demonstration will die Lesung zudem konkret stören, getroffen wird sich daher zunächst auf dem Marktplatz, später in der Lutherstraße. Es wird vermutet, dass die Veranstaltung mit Sellner dort in einer der Burschenschaften Germania, Rheinfranken oder Normannia Leipzig stattfindet. In der Lutherstraße kam es auch in der Vergangenheit schon zu Protesten mit hunderten Menschen gegen Treffen der Neuen Rechten.

(Lektoriert von let.)

Macht es wie Felix Lobrecht: studiert Politikwissenschaft in Marburg.
22 Jahre alt, seit Anfang des Jahres bei PHILIPP und seit November Teil der Chefredaktion

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wordpress Social Share Plugin powered by Ultimatelysocial
Instagram
Twitter