„Ich bin als Heinz Strunk keine bescheuerte Comedy-Figur!“
Halb vier Uhr nachmittags. Pünktlich zum vereinbarten Termin ruft PHILIPP Heinz Strunk für das Interview an: Kein Anschluss unter dieser Nummer. Vielleicht hat Herr Strunk doch keine Lust auf das Interview? PHILIPP versucht es auf dem Mobiltelefon. Es läutet und – nichts. Da wir im 21. Jahrhundert sind, wird noch eine WhatsApp-Nachricht hinterher geschickt. Der Mensch auf dem Avatar sieht verdächtig nach Heinz Strunk aus. Die Nummer stimmt also. Das Gespräch steht schon jetzt unter keinem guten Stern. Nach einer halben Stunde gefüllt mit vergeblichen Kontaktaufnahmen klingelt das Handy von PHILIPP: Heinz Strunk ruft an. Damit hätten die Journalist*innen nicht mehr gerechnet. Es folgt ein schlecht gelauntes Gespräch über das Nichtrauchen, Selbsthilfebücher, die gar keine sind und die moderne Musikszene.
PHILIPP: Reden wir denn mit einem gut gelaunten Heinz Strunk?
Heinz Strunk: Heute ? Ne, nicht besonders.
Überhaupt nicht?
Ne, bin sehr schlecht gelaunt.
Woran liegt das?
Das hat verschiedene Gründe. Das jetzt auszuführen, würde alle langweilen.
Okay, dann fangen wir einfach mal an: Wie viel Mathias Halfpape steckt denn in Heinz Strunk? Oder hat der Heinz Strunk den schon verdrängt?
Da gibt es überhaupt gar keinen Unterschied. Es gibt keinen inhaltlichen Unterschied. Es gibt keine zwei Personen, ich bin als Heinz Strunk schließlich keine bescheuerte Comedy-Figur, die irgendwie abgespalten wäre. Natürlich bin ich auf der Bühne anders als privat, vor allem besser gelaunt, aber den Unterschied gibt es nicht.
Ja, mit Comedy haben Sie wohl eh so Ihre Probleme. Hilft es Ihnen denn Yoga mit Rocko Schamoni zu machen, um zu entspannen?
Das ist wohl wahr. Auch noch mit ein paar anderen. Ich habe vor einem halben Jahr damit begonnen, um gewissen Alterserscheinungen vorzubeugen, um praktisch im Alter die Schuhe noch zubinden zu können, um Rückenschmerzen vorzubeugen.
Gibts da eine Übung die Sie empfehlen können?
Ne, das kann ich am Telefon schlecht beschreiben.
Schade, aber apropos Gesundheit: Sie haben mit dem Rauchen aufgehört, war das erfolgreich?
Ich rauche seit gefühlt fünfeinhalb Jahren nicht mehr. Rauchen ist nur was für totale Versager. Ich mach‘ das nicht mehr.
Wie lange haben Sie denn geraucht?
Lange genug, aber ich hab wie gesagt vor fünfeinhalb Jahren aufgehört.
Wie haben Sie das denn geschafft?
Einfach aufhören. Einfach lassen. Es gibt keine Tricks… (überlegt kurz) ich hab‘ einfach aufgehört.
Quasi nach Strunk-Prinzip einfach gesagt: Ne, ich lass‘ den Quatsch jetzt?
Da es das Strunk-Prinzip ja gar nicht gibt, ist das eine einfach Frage der Willensentscheidung gewesen. Entscheidend ist der Wille, es ernsthaft durchzuziehen.
Die Stimmung ist angespannt und ein Redefluss will nicht wirklich aufkommen.
Was hat sie bewogen, so ein Selbsthilfe-Satire-Ratgeber-Buch wie das Strunk-Prinzip zu schreiben?
Das ist ja kein Selbsthilfebuch, das ist lediglich die Verpackung. Ich hätte auch drauf schreiben können: „die besten Kolumnen aus der TITANIC“, aber das wäre eigentlich langweilig gewesen, weswegen ich mich für diese Verpackung entschieden habe. Und das funktioniert auch ganz gut, das ist ein ganz origineller Aufmacher. Aber das hat mit dem Inhalt ja nichts zu tun.
Es ist auf jeden Fall sehr unterhaltsam in der Aufmachung.
Ja, darum geht’s ja auch, es geht um Unterhaltung, alles muss so unterhaltsam sein, wie irgend möglich. Obwohl das Strunk-Prinzip natürlich nicht ernst ist, also die Texte.
Ist das „umgedrehte Merkel-Dreieck“, das Sie immer im Fernsehen machen, eine bewusste Symbolik?
Ne, bei mir ist gar nichts bewusst. Das ist eine schöne Haltung. Sehr neutral und angenehm.
Sind Sie eher der Kleinstadt- oder der Großstadtmensch?
Großstadt.
Weshalb?
Ich wohn in ’ner Großstadt, bin in ’ner Großsstadt groß geworden und lebe seit 52 Jahren in einer Großstadt und das hat schon seine Gründe. Also, Kleinstadt ist sehr bedrückend und grau. Kleinstadt kommt unter gar keinen Umständen niemals in Frage.
Kennen Sie denn Marburg? Ich find’s eigentlich ganz schnuckelig hier. Wir sind eine Kleinstadt.
Ja, Marburg kenne ich lange und gut. Aber dadurch, dass es so eine Studentenstadt ist, empfinde ich es nicht „kleinstädtisch“, eher als eine kleine Stadt. So kann man das ausdrücken.
Wie finden Sie Marburg?
Ich mag’s ganz gerne.
Würden Sie heute studieren, wenn Sie sich das noch mal überlegen könnten?
Ne. Um Gottes Willen, spekulativ, ich finde es immer ein bisschen müßig, in meiner Biographie rückwärts zu gehen und zu überlegen, was ich an der und der Stelle vielleicht besser gemacht hätte oder nicht oder so.
Was erwartet Marburg denn, wenn Sie hier sind?
Ich nenn’s übertrieben immer 360-Grad-Entertainment. In dem Fall ja keine Lesung, sondern eine Show. Mehr als ein einzelner Mensch zu leisten im Stande ist. Ich zieh‘ sämtliche Trümpfe, die ich in den Händen halte. Es ist sehr viel Musik dabei.
Stichwort Musik: Was halten sie eigentlich von der aktuellen Musikszene? Denken Sie, dass der Synthie-Pop Anfang der 1980er schon der Anfang vom Ende war oder gibt’s noch Hoffnung?
Ach, das ist alles Quatsch. Der Anfang vom Ende. Es ist einfach so, dass durch die Demokratisierung der Produktionsprozesse sich jeder für ein paar hundert Euro Equipment holen kann und dann vor sich hin wurschteln und produzieren kann. Dadurch ist die Musik einfach nicht besser sondern tendenziell eher ein bisschen schlechter geworden. Die Produktionen sind natürlich sehr aufwendig und zum Teil auch ganz gut, aber das Songwriting ist eher schlechter geworden.
Also dadurch, dass die Mittel leichter zur Verfügung stehen gibt es sozusagen eine Qualitätsinflation in der Musik?
Ja, die Leute geben sich einfach keine Mühe mehr. Selbst beimKomponieren! Die holen sich da die entsprechenden Loops. Kann man ja bei Logic (Programm zur Musikproduktion, Anm. d. Red.) alles machen. Und da muss man sich halt nicht die Mühe machen irgendwelche Akkorde zu drücken. Brauch man ja alles nicht mehr. Man kann das alles irgendwie so machen wie man das gut findet. Man braucht weniger denn je heute.
Gibt es denn momentan noch Musiker, die Sie schätzen?
(Strunk atmet gut hörbar aus, stöhnt vielleicht) Ja Gott, klar. Gibt es natürlich immer welche. Was für eine Frage. Ich bin aber vor allem Fan großer Jazzmusiker.
Wen meinen Sie denn?
Ach, das ist mir zu detailliert. Ich könnte jetzt irgendwie hundert Namen aufzählen. Ich habe ja nun ein bisschen Ahnung vom Jazz. Aber das bringt aber niemandem etwas wenn ich jetzt Namen aufzähle, weil in der Regel kennt das niemand. Deswegen muss der Allgemeinbegriff „Jazzmusiker“ jetzt reichen.
Dann bleibt noch zu sagen: Wir bedanken uns für das Interview.
Ich danke auch. Bis bald dann in Marburg. Dann hoffentlich mit besserer Laune.
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