Ich habe kein Verständnis für Pessimismus
Es sind die kleinen Geschichten des Lebens, die mir persönlich immer vor Augen führen, warum es sich lohnt zu leben. Warum es sich lohnt, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und auch mal abseits der vorgeschriebenen Wege zu wandeln.
Optimismus macht das Leben leichter
Hannelore und Peter sitzen neben Anneliese und Hans. Sie spielen Bridge – oder Mau-Mau. Das kann ich von meinem Sitzplatz im Zug nicht sehen. Der Zug der deutschen Bahn hat mal wieder 20 Minuten Verspätung, aber das interessiert die Rentner nicht wirklich. Sie haben ihr Kartenspiel, genug zu trinken und vor allem: sich selbst. Eine rüstige Rentner-Gang. Keine Spur von diesem typischen „Ich bin so krank“-Verhalten alter Leute. Sie sind einfach nur glücklich, zumindest wirken sie so.
Warum mit diesem Erlebnis in einen Pro-Optimismus-Artikel einsteigen? Weil es mich glücklich gemacht hat, diese alten Menschen zu sehen. Ich habe kein Verständnis für Pessimismus. Wirklich wenig bis gar kein Verständnis. Warum sollte man schon pessimistisch in den Tag starten, wenn man auch mit einem guten „Hey, heute könnte ein toller Tag werden“-Gefühl aufstehen kann? Wenn man sich schon früh morgens sagt, dass der Tag heute ja doch nichts wird, kann man auch gleich im Bett bleiben. Man muss doch zugeben: Optimismus macht das Leben leichter. Gerade in diesen Zeiten – mit Terror überall auf der Welt – muss es doch noch wichtiger sein, mit einem guten Gefühl durchs Leben zu gehen. Ich träume nicht von einer besseren Welt. Ich mache sie nur für mich ein Stückchen besser. Natürlich verschließe ich nicht die Augen vor den Ängsten, die so durch die Gesellschaft wabern. Es gibt sogar viele Sachen, die mir persönlich auch Angst machen. Neben Pegida oder wie diese Möchtegern-Patriot:innen sich nennen und der Terrorwelle, die Europa gerade erreicht, habe ich auch einige andere verständliche Ängste. Höhenangst zum Beispiel. Und die Angst, dass ich irgendwann allein sterben werde. Ich habe auch Angst, dass „wir“ die „Flüchtlingskrise“ nicht bewerkstelligen können. Dabei leben wir in einem Land, das schon mehrere dieser sogenannten „Flüchtlingskrisen“ bewerkstelligt und gemeistert hat – egal ob 1940 oder 1989. Die Geschichte hat doch gezeigt, dass sich alles irgendwie zum Guten gewendet hat – bisher zumindest.
Es kann so einfach sein, morgens schon mit dem Gefühl aufzustehen: Heute wird ein guter Tag!
Man mag mich naiv oder sonst wie nennen. Aber ich lasse mir meinen fröhlich-optimistischen Lebenswillen nicht nehmen. Es kann so unfassbar einfach sein, morgens schon mit dem Gefühl aufzustehen: Heute wird ein guter Tag! Obwohl man einige Stunden in der Phil-Fak verbringen muss und das Essen in der Mensa schon wieder nicht schmeckt. Optimismus macht das Leben einfach einfacher. Und das ist keine blöde Plattitüde. Wenn man so gut wie allem etwas Positives abgewinnen kann, lebt es sich angenehmer. Deadline für die Abgabe der Hausarbeit ist morgen und du hast noch nicht viel gemacht? Keine Sorge, irgendwie wird das schon. Die WG mit denen du die schönsten Monate deines Lebens hattest, löst sich auf und du weißt noch nicht, wie es weitergehen soll? Sie es positiv – du hast die Chance, neue Menschen kennenzulernen. Und dank moderner Kommunikationsmittel sind deine Mitbewohner:innen und Freund:innen meist nur eine Whats-App-Nachricht von dir entfernt – egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit.
Was ich damit sagen möchte: das Leben ist schon schwer. Mehr als nur schwer. Warum sich also noch zusätzlich selbst Steine in den Weg legen? Es gibt doch schon genug Situationen und Menschen, die einem bewusst oder unbewusst das Leben schwer machen. Und um ein weiteres Mal tief in der „Sprüche die jede:r kennt“-Kiste zu graben: Niemand ist perfekt. Warum sollte ich mir das Leben also selbst erschweren, indem ich immer nur das Negative sehe? Manchmal habe ich das Gefühl, die Pessimist:innen dieser Welt suchen geradezu nach den schlechten Dingen. Aber bringt das etwas? Wofür lebt man eigentlich, wenn alles scheiße ist? Job scheiße, Partner:in scheiße, Wetter scheiße. Ist das gang und gäbe? Lebt man dann nur, um alles scheiße zu finden?
Ich habe einfach kein Verständnis für Pessimismus. Mal bist du der Hund, mal bist du der Baum. Das gehört zum Leben genauso dazu, wie schlafen, atmen und essen. Life can be a bitch, aber morgen ist doch schon wieder ein neuer Tag. Eine neue Chance. Vergeude dein Leben nicht. Ich möchte, wenn ich alt bin, mit meinen ebenfalls alten Freund:innen im Zug sitzen und Karten spielen können, dabei von den jungen Menschen bewundert werden. Und das Wort Joker nicht englisch aussprechen, sondern schön Norddeutsch mit J.
Hinweis: Dieser Text ist ursprünglich in der Printausgabe 1/2016 erschienen, als Teil einer Pro/Kontra-Rubrik, die sich mit einem pessimistischen und optimistischen Lebensentwurf beschäftigt hat. Das heißt auch: Dieser Text möchte keine Depressionen verharmlosen. Denn Depressionen sind eine Krankheit, kein Lebensentwurf. Brauchst du Hilfe? Du findest sie hier: +49 (0)800 111 0 111.
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Eine Kolumne ist ein journalistisches Element in der Autor*innen die Möglichkeit haben, auch mal ganz subjektiv ihre Meinungen zu veröffentlichen. Dieser Artikel wirkt jedoch eher wie eine Selbstinszinierung der Autorin á la „Seht mich an, ich bin glücklich“. Dazu kommt noch, dass der Artikel grenzwertig banal verfasst ist, weswegen ich mich ernsthaft frage, ob bei euch in der Redaktion niemand die Artikel gegenließt.“ […] egal ob 1940 oder 1989. Die Geschichte hat doch gezeigt, dass sich alles irgendwie zum Guten gewendet hat – bisher zumindest.“ Gerade diese beiden historischen Beispiele dafür zu verwenden, aufzuzeigen, dass sich ja geschichtlich alles zum „Guten“ gewandt hat ist schamlos und anmaßend. Dies dann noch als Basis zur Argumentation für den Optimismus zu nehmen ich – wie die Autorin zu Beginn des Artikels vortrefflich selbst erkannt hat – naiv.
Gleichzeitig muss ich dem, mir vorhergegangenen, Kommentar zustimmen. Dieser Artikel ist ein Schlag ins Gesicht für Menschen mit Depressionen oder anderen Schicksalsschlägen, denen diese butterblumige und regenbogenkotzende Einstellung sicher nicht im mindestens weiterhilft. Kein Verständnis dafür aufbringen zu können, dass andere Menschen diese Einstellung nicht teilen, zeigt nur auf, wie unreflektiert und arrogannt die Autorin aus ihrer unglaublich privelegierten Haltung heraus auf die weniger arschgepuderten Menschen herabblickt.
Das heißt nicht, dass ich ihr ihre Meinung absprechen möchte- keineswegs – aber vielleicht sollte man sich dann mal überlegen, ob man diesen Artikel wirklich so kontextlos hier im Netz stehen haben sollte bzw. ob man ihn vorher mal hätte gegenlesen sollen.
gez. captain_random
Vielen Dank für diese Kritiken!
Dieser Artikel ist mehr als zwei Jahre alt und wurde veröffentlicht, ohne ihn nochmal gegen gelesen zu haben. Das stimmt. Ich kann die Kritik dementsprechend sehr gut nachvollziehen und verstehen. Aus meiner heutigen Position heraus hätte ich einen anderen Artikel zu diesem Thema geschrieben. Nicht, um mich zu verteidigen, sondern um hier einige Argumente ein wenig zu entkräften: Dies ist eine Kolumne aus meinen Anfangsschritten im Journalismus. Und ja, diese Kolumne ist banal, naiv und dient meinetwegen auch der völligen Selbstinszenierung. Bitte seien Sie sich versichert, dass solch eine Kolumne so nicht mehr veröffentlich werden wird. Zumindest nicht von mir, da ich inzwischen nicht mehr Teil der Redaktion von PHILIPP bin.
Mit freundlichen Grüßen
Nele Hüpper (Autorin)
Dieser Artikel muss für jeden, der mit Depressionen zu kämpfen hat, wie ein Schlag ins Gesicht sein. Man kann auch einem Rollstuhlfahrer sagen: „Steh doch einfach auf und geh‘, guck, ich kann das doch auch!“