Sneak Review #140 – Verschwörung
Mit „Verschwörung“ kommt ein neuer Thriller über die Hackerin Lisbeth Salander in die Kinos. Der Film ist eine Adaption des gleichnamigen Buches von David Lagercrantz. Regie führte der uruguayische Regisseur Fede Alvarez, der zuvor durch seine Horrorfilme bekannt geworden ist.
Erfunden wurde die Figur Lisbeth Salander von dem schwedischen Schriftsteller Stieg Larsson. Nach seinem Tod wurde die „Millenium-Reihe“ von David Lagercrantz fortgeführt. In den schwedischen Verfilmungen spielte Noomi Rapace die Rolle der berüchtigten Hackerin. Einige paar Jahre später wagte sich David Fincher an ein Remake („Verblendung“) mit Bond-Darsteller Daniel Craig und Rooney Mara als Lisbeth Salander. Nun geht die Reihe in eine neue Episode.
Worum geht’s?
Nach einer Reportage des Journalisten Mikael Blomkvist (Svenirr Guðnason) ist die Hackerin Lisbeth Salander (Claire Foy) landesweit bekannt. Als einsame Rächerin übt sie Selbstjustiz an Männern, die gewalttätig gegenüber Frauen geworden sind.
Eines Tages wendet sich der ehemalige NSA-Mitarbeiter Frans Balder (Stephen Merchant) an Lisbeth mit der Bitte, ein Programm von der amerikanischen Regierung zu stehlen. Mit diesem von ihm entwickelten Programm kann man sämtliche Atomraketen in seine Kontrolle bringen. Frans hat die Gefahr seines Werks erkannt und möchte es deshalb zerstören. Lisbeth sieht sich nun großer Gefahr ausgesetzt, da nicht nur die NSA und der schwedische Geheimdienst, sondern auch eine äußerst brutale Vereinigung von russischen Kriminellen hinter dem Programm her sind. Zudem verbindet die Anführerin der Gruppe (Sylvia Hoecks) und Lisbeth ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit…
Der MacGuffin
Das zentrale Problem bei „Verschwörung“ ist, dass seine Handlung vollkommen austauschbar und irrelevant ist. Im Mittelpunkt des Films steht ein sogenannter „MacGuffin“ – ein Gegenstand, den alle haben wollen, der an sich aber keine Rolle spielt. Was eignet sich da besser, als ein ultragefährliches Programm, mit dem man Atomwaffen abfeuern kann?
„Verschwörung“ ist ein Thriller vom Reißbrett. Und so fühlt sich die Handlung auch an: konstruiert. Figuren handeln nicht authentisch, sondern schlicht so, dass die Handlung vorangeht. Auch wird zugunsten der Handlung sämtliche Logik überwunden. Die Ungereimtheiten, Logikfehler und Schwächen des Drehbuchs fallen die:den Zuschauer:in förmlich an. Auch Mikael Blomkvist, der in den anderen Filmen die Hauptrolle spielte, hat hier seinen Auftritt. Allerdings scheint er nur noch aus Nostalgiegründen dabei zu sein, denn seine Figur macht eigentlich nichts. Zudem ist die Rolle des abgehalfterten Journalisten fehlbesetzt mit einem Schauspieler, der aussieht wie Ende 20.
Lisbeth, die Alleskönnerin
Besonders ärgerlich ist es, wie Lisbeth Salander inszeniert wird. Während sie in den Romanen und auch den oben genannten Filmen als ein komplexer und „kaputter“ Charakter vorgestellt wurde, mutiert sie hier zur Superheldin. Lisbeth weiß alles und kann alles. Lisbeth kann sich innerhalb von 5 Minuten in Flughäfen und ins Pentagon hacken. Fehlt nur noch, dass sie über Wasser laufen kann – nun ja, immerhin fährt sie mit dem Motorrad über einen zugefrorenen Fluss.
Die Inszenierung von Lisbeth ist besonders traurig, weil Claire Foy eine großartige Schauspielerin ist, die versucht, das Beste aus der Figur herauszuholen. Doch leider lässt das Drehbuch keine nennenswerte Charaktertiefe zu.
Ungenutztes Potential
Auf der einen Seite arbeitet der Film mit anstrengenden Fokuswechseln und einige Actionszenen sind derart schnell und hart geschnitten, dass man kaum mitkommt.
Andererseits merkt man an einigen gelungenen Szenen, welches Potenzial in „Verschwörung“ steckt. An einigen Stellen schafft es Fede Alvarez, sehr schöne Bilder einzufangen, die einigen Schauwert bieten. Lisbeth auf dem Motorrad sieht einfach cool aus. Auch das Aufeinandertreffen von Blomkvist und Lisbeth ist fast schon magisch inszeniert. So bietet „Verschwörung“ streckenweise gute Unterhaltung und solide Action. Wäre da nur nicht diese hanebüchene Handlung.
„Verschwörung“ startet am 22. November in den deutschen Kinos.
FOTO: Sony Pictures.