Sneak-Review #48: Bad Moms
Und auch diese Woche fragen wir wieder: War der Film ein Good Movie oder ein Bad Movie? Diesen Dienstag in der Sneak: „Bad Moms“, die neue Komödie der beiden Hangover Autoren Jon Lucas und Scott Moore.
Die dämliche Veltins-Werbung blendet aus, die Soundanlage des Saals stellt sich noch mal jedem:r Besucher:in persönlich vor und schließlich verweist der Tobis-Filmverleih darauf, den folgenden Film doch bitte nicht abzufilmen. Die ersten Worte fallen, eine Frau am Steuer eines Wagens. „OH MEIN GOTT, DAS IST MILA KUNIS!!!11!! DAS MUSS BAD MOMS SEIN!1!1!!! ES IST BAD MOMS!!“!21!!WAS EINE MILF!!“ Der Saal tobt. Schreie. Applaus. Es fällt mir schwer, dem fesselnden Eröffnungsmonolog der gestressten Mutter Amy Mitchel (tatsächlich, Mila Kunis) zu folgen. Alle freuen sich auf eine derbe Komödie mit FUCKING MILA KUNIS (OMG), auch ich bin hoch erfreut. In meiner linken Hand einen Liter Cola, in der rechten Nachos, vermischt mit M&M’s und vor mir eine über 90 Minuten lange Bildabfolge, in denen ich mein Hirn entspannt ausschalten kann und selbst über die dümmsten Witze noch lachen werde. Ich war so naiv.
Sexismus kann so witzig sein
Es fällt mir schwer in dieser Review einen ganzen Absatz mit der „Handlung“ des Films zu füllen. Aber das ist halb so schlimm, die Macher hatten wohl auch Probleme, die 100 Minuten mit etwas Deratigem zu füllen. Amy Mitchel ist eine gestresste Power-Mom, deren trotteliger Ehemann (David Walton) sie in keinster Weise unterstützt. Genervt von der perfektionistischen Elternbeiratsvorsitzenden Gwendolyn (Christina Applegate), beschließt sie einfach, keine perfekte Mom mehr zu sein und beginnt, „sich ziemlich hart zu gönnen“, gemeinsam mit ihren Freundinnen (Kathrin Hahn und Kristen Bell). Im Trailer gründen sie die Bad Moms, im Film ist das nur der Filmtitel. Alles weitere wäre auch schon zu viel verraten, mehr passiert aber auch nicht.
Nun war mir klar, dass mich hier keine Comedy-Revolution erwarten würde. Auch auf flachen Humor war ich eingestellt. Aber auf einen derart langweiligen, uninovativen und sexistischen Film konnte mich kein Bier der Welt vorbereiten. Die Witze sind einfach nicht lustig („War das Fahrerflucht?“ „Nein, das war gar nichts“). Die Sprüche sind einfach zu platt (der sexy Wittwer erscheint: „Weißt du was? Ich würde ihm erlauben, ihn mir in den Hintern zu schieben. Ich bin nicht wirklich ein Fan von dieser Hintern Sache, aber ich würde ihn da hinten sich austoben lassen“). Doch der deutlichste Indikator für eine schlechte Komödie: Total coole Slow-Mo Shots unterlegt mit obszön lauter Party-Musik. Diese Art von Humor ist nicht nur von gestern, auch der Song I love it von Icona Pop hat seine besten Tage seit über vier Jahren hinter sich.
Der Kinosaal teilt sich langsam. Die einen feiern jeden noch so kleinen Penis-Witz, andere verlassen den Raum. Ich bin verwirrt, 40 Minuten des Films sind vergangen, ich musste bisher nicht einmal lachen, doch die Mehrheit scheint begeistert zu sein. Für einen kurzen Blick schweift mein Blick über die Zuschauerränge, und muss mich fragen, ob diese Sneak als Klassenausflug zählt. Die zehnten Klassen sämtlicher Marburger Schulen scheinen anwesend und amüsiert zu sein. Für mich persönlich ist es immer ein Spaß, versteckte Anspielungen auf andere Filme in einem Film zu entdecken. Dieser Spaß wird einem bei Bad Moms genommen. Da wird faulstes name-dropping betrieben („So wie bei dem Tod von John Schnee“), oder es werden einfach ein dutzend Filmnamen über die Laufzeit hinweg genannt, ohne Kontext.
Du verstehst den Film nicht, du bist ein Mann
Klar, über die visualisierte Darstellung eines nicht beschnittenen Penis, mithilfe des Kaputzenpullovers einer Frau, kann ich natürlich nicht lachen, immerhin habe ich einen Penis und das sei immerhin auch Frauen-Humor. Auch muss mir die Message des Films nicht gefallen haben, da er für starke Frauen und schwache, untergeordnete Männer stehe. Vielleicht stimmt das ja, vielleicht bin ich ein engstirniger Sexist, der einen Film nicht ertragen kann, in dem Frauen sich mal gehen lassen, in dem sie mal böse Moms sind. Aber vielleicht bin ich auch ein naiver Feminist, der es nicht erträgt, wenn ein Film postuliert, Kindererziehung sei eine reine Frauensache, weshalb ein Elternbeirat auch zu 100% aus Frauen bestehen muss. Vor allem: Was ist überhaupt Frauen-Humor? Ist das auf eine Stufe zu stellen mit Alt-Herren-Humor? Natürlich lenkt der Titel den Fokus auf die Mütter. Aber statt einer Ode auf die Mütter dieser Welt, bekommt der:die Zuschauer:in hier eine 100-Minütige Ansammlung alter Geschlechter-Klischees aufgetischt, bei denen selbst Mario Barth heftigst den Kopf schütteln würde.
Lassen wir die ganze politische Ebene mal bei Seite und kommen zum Schluss: Bad Moms ist ein grausamer Film, den man schon beim Abspann wieder vergessen hat. Nichts an diesem Film bringt eine:n Kinogänger:in im Jahr 2016 noch zum Lachen. Wer den Trailer gut fand, wird enttäuscht. Wer den Trailer schlecht fand, wird ihn später als „lustiger als der gesamte Film“ einstufen müssen. Jede:r, der:die die mittlere Reife oder einen höheren Schulabschluss erreicht hat, sollte einen Bogen um diesen Film machen. Für alle anderen: Alkohol ist keine Lösung, versucht es erst gar nicht. Humoristisch ließe sich der Film auf einer Ebene mit Kindsköpfe 2 einordnen. Nichtsdestotrotz: Die Menge applaudiert, als nach dem sehr kitschigen Ende die ersten Namen erscheinen. Doch vielleicht applaudierten sie auch mir, der so lange durchgehalten hatte. Ich hatte mir vorgenommen, mein Hirn abzuschalten und über jeden Witz zu lachen, ich habe wohl versagt. Mir war nach diesem Film schlecht, was aber auch an dem Nacho-M&M’s-Mix gelegen haben könnte.
„Bad Moms“ startet ab dem 22. September in den deutschen Kinos.
FOTO: STX Entertainment
Chefredakteur von 2017-2018 aus Gründen.
Kann ganz gut mit Worten, halb gut mit Menschen.
Studiert nebenberuflich Medienwissenschaften.
Gut, anschaulich und amüsant geschrieben! Lesen hat Spaß gemacht