Marburg, deine Musik: Flimboy

Marburg, deine Musik: Flimboy

Flimboy sind Julian Völker und Simon Conrads, die in ihren eigenen vier Wänden Musik machen. Simon ist mittlerweile als Singer/Songwriter Fruit Junior aktiv und war zuvor bei den Grey Fries und Julian ist nach wie vor Drummer bei den Flims. Zusammen nehmen sie mit dem kostenlosen Programm Garage Band auf. Diese einfache Art der Musikproduktion nennt sich Low Fidelity (LoFi), an der sich die beiden seit etwa einem Jahr zusammen ausprobieren. Julian singt, schreibt und spielt, während Simon über die Technik und seine Erfahrung Input gibt. Zusammen haben die beiden am 13. November ihre zweite EP: Flat in the curve unter anderem auf Spotify veröffentlicht.

PHILIPP: Was war der „Flow“, der euch letztendlich zur gemeinsamen Musik gebracht hat?

Simon: Wir kannten uns über unsere Bands. Julian ist später in meine WG gezogen und da haben wir auch bisher aufgenommen. Ich mag Julians Songwriting mit viel Popaffinität und er hat keine Angst vor cheesy-billigen Effekten aus Garageband. Ich bin maximal der Produzent und drücke nur Knöpfe. Ein Flow fehlt Julian manchmal. Er hat mich schon mal angekackt, weil ich Ideen von ihm nicht geil genug finde.

Julian: Ich bin mir eigentlich sicher, wenn du es nicht geil findest, checkst du es nicht. Vielleicht bist du auch eifersüchtig, aber meistens checkst du es nicht. (lachen beide) Bei Simon fixt mich an, dass er Sachen schnell umsetzen kann und sich schnell Neues aneignet. Ich bin schon ungeduldig. Außerdem kann ich Simon gut lesen. Mit den ersten zwei Sätzen von seinem Feedback weiß ich direkt, was noch an dem Song gemacht werden muss, ohne dass er es explizit sagt. Das ist super.

Simon: Ich freue mich auch, dass ich so eine kleine Rampensau habe. Ein Bild auf Instagram mit Musik generiert da schon mal so 100 Likes.

Julian: (lacht) Das ist voll arrogant. Boah das wäre mega so ein arroganter Wichser in Interviews zu sein. Das holt mich richtig ab. Dann bekommt man so eine arrogante Aura, aber man tut ja nichts dafür.

Wer würdet ihr sagen ist Flimboy, wenn ihr den als Künstler seht?

Julian: Also ich möchte meistens eigentlich nur cool aussehen. (lacht) Ich wünsche mir auch ein bisschen in die Indie-Schiene reinzufallen und als der Indiedude gesehen zu werden. Aber das kann man ja nicht beeinflussen. Die Songs sind meistens fiktiv, aber immer aus meiner persönlichen Sicht. Die Stories darin sind erfunden, aber wie ich das wiedergebe, das bin dann ich.

Simon: Also Flimboy ist wirklich ein kleiner süßer Mensch. Der Drecksack kommt da nicht so durch. (lacht)

Gibt es etwas, das Flimboy ausmacht oder anders macht?

Julian: Ich weiß nicht was ich so sagen soll, aber in Deutschland gibt es wenig Indie und gerade englischen Indie. Ähnlich wie bei Indiepop und Indierock, wie die Kooks. Diese Mukke ist quasi schon ausgestorben. Vor allem im Amateurbereich ist auffällig, dass es viele Metalbands gibt, auch wenn es hier mittlerweile ein paar Popbands gibt.

Simon: Aber was uns angeht, stehen wir dazu, dass viel einfach digital erzeugt ist und wir nicht so tun als sei es im Studio aufgenommen. Dieser Plastikaspekt dahinter.

Julian: Ja und dieser LoFi-Gedanke, dass Songs schlecht produziert auch richtig gut klingen können.

Was hyped euch selber so am Genre Indie und an eurer Machart?

Simon: Ich find geil, dass wir keine Technikfreaks sind und nicht Bock haben uns in die Produktion reinzufuchsen, aber viel Spaß mit einfachen Möglichkeiten haben. Ein Musikproduzent würde uns belächeln, aber oft finden wir da einen billigen Sound und denken: „Geil ! Lass uns das irgendwie reinnehmen.” 

Julian: Ja, also wenn ich Musik höre und was richtig geil finde, stelle ich mir oft vor, wie man das auf unsere Art machen kann. Und bei LoFi-Mucke kann man schnell heraushören, was da abgeht. Man kommt schnell zur Umsetzung und deswegen holt mich das besonders ab.

Hattet ihr bei dem Projekt auch Angst, dass richtiger Mist rauskommen kann?

Simon: Also wir haben nur geile Songs bis jetzt gemacht. Von denen wollen wir aber einige der Öffentlichkeit vorenthalten.(lacht)

Julian: Weil die zu geil sind! (lachen beide)

Simon: Ne wir lachen und löschen auch viel. Wir haben uns schon mal verrannt und sind letztens mit fett produzierten Stadion-Pop an unsere Grenzen gekommen.

Julian: Wir wussten allerdings anfangs auch nicht, was daraus wird. Wir haben es ein paar Leuten gezeigt und haben viel positives Feedback aus unserem Umfeld bekommen. Danach ist man selbstsicherer. Also ich wurde eigentlich noch nie richtig kritisiert, was eigentlich auch nicht so gut ist (lacht). Also, dass mir einer sagt: Ich find dich richtig scheiße. Deine Musik ist überhaupt nicht mein Ding. Du bist ein richtiger Depp (lacht).

Simon: Bei dir wusste auch niemand, dass du Songs selber schreibst und singst. Aber ja, wir hatten schon Angst, wie billig das am Ende klingt, dass dieses LoFi-Ding am Ende nicht gut ankommt und Musiker:innen programmierte Instrumente runter machen würden, auch wenn man von Popmusik schon viel gewohnt ist.

Hört ihr eure eigene Musik gerne? 

Julian: Ich höre die so jeden zweiten Tag und auch gerne, aber um besser zu spielen. Deswegen würde ich das nicht mehr anhören.

Simon: Ich finde es unangenehm meine eigene Musik mit anderen zu hören. Ich hab gelernt das zu akzeptieren. Bei Flimboy hab ich mehr Distanz zu den Liedern und kann die besser privat hören. Aber schön ist es, wenn man beim Hören zurückdenkt, wie man das damals gemacht hat. 

Denkt ihr, dass es verpönt ist, als Musiker seine eigene Musik zu hören?

Simon: Ich höre meine Songs immer mit einem anderen Ohr. Es ist nie so, dass mir alles gefällt, es ist nie unvoreingenommen. Aber ich kann mir keine Situation vorstellen in der ich das cool finden würde.

Julian: Ja, aber das ist auch eigentlich schade oder? Ich glaube es machen viele Leute und ich würde es auch machen, wenn ich nicht so viel zum üben hören würde. Richtig nervig ist wiederum, wenn jemand auf einer Party seine Musik zeigt und dich die ganze Zeit anguckt, um eine Reaktion zu bekommen. Dann ist die Party direkt vorbei. Dann gehe ich.

Das erste Album kam im April und das neue letzte Woche. Was habt ihr anders gemacht?

Simon: Wir sind etwas selbstbewusster daran gegangen, aber das ist auch unangenehmer. Wir gehen jetzt mit einem höheren Anspruch daran, weil wir wissen, dass wir es veröffentlichen wollen.

Julian: Musikalisch sind es mehr synthies und irgendwie ist es auch tanzbarer – also mehr Beats.

Simon: Du wolltest auch mehr Möglichkeiten von Garageband ausnutzen. Und du hast versucht die Songs aufeinander abzustimmen, damit die nicht so auseinander bersten.

Gibt es ein Konzept dabei?

Julian: Das Album hat kein Konzept. Meine Songs sind musikalisch von dem beeinflusst, was ich in letzter Zeit gehört habe. Im Grunde nehmen wir auf, gucken wie die musikalisch zueinander passen und dann können die auf eine EP (Minialbum). Die Texte haben meistens nichts miteinander zu tun.

Simon: Ich weiß oft nicht worüber er dann letztendlich schreibt. Meistens Liebe und so ’ne Geschichte. Flimboy ist eigentlich lieber und süßer als Julian selber (lacht)

Julian: (zuckt mit den Achseln und grinst) Kann sein. Aber um so mehr ich Flimboy sein muss, desto mehr muss ich gemeiner sein, wenn ich hier privat bin. (Lacht)

Wie hat euch als Musiker die Pandemie betroffen ? Habt ihr Chancen gesehen oder wurdet ihr viel ausgebremst ?

Julian: Beim ersten Album hat uns der erste Lockdown schon sehr in die Karten gespielt. Wir haben da nichts aufgenommen, sondern lediglich Online und über Social Media veröffentlicht. Das passt perfekt, wenn man nicht so viel zu tun hat.

Simon: Wir sind glücklicherweise nicht abhängig von Einnahmen, aber problematisch war, dass wir unser „Studio” verloren haben, weil Julian nicht in die WG durfte. Wir hatten damals eigene Coronabeschränkungen, was Besuche angeht, die jetzt auch wieder gelten. Julian ist zwar im Sommer wegen seiner Ausbildung wieder bei uns eingezogen, aber wir mussten davor auf das Haus meiner Eltern und dem Proberaum der Flims ausweichen.

Wie stellt ihr euch privat vor, wenn Musik so viel Platz in eurem Leben einnimmt?

Julian: Ich nenne die Musik Null, außer ich werde darauf angesprochen. Das find ich eigentlich richtig schade. Zuerst fragt man ja immer, was einer denn beruflich macht.

Denkst du sowas gehört sich nicht ?


Julian: Ich hab nicht immer Bock darüber zu reden, aber wenn ich die Wahl hätte, würde ich nur Musik machen. Dann nimmt Musik ja eigentlich viel mehr von meinem Leben ein. Aber irgendwie ist es leider so in der Gesellschaft, dass man das so macht. 

Simon: Also ich fühle mich da oft nicht wohl und bin ein schlechter Selbstvermarkter. (Julian lacht) Dich vermarkte ich. Also nicht sehr gut aber in Ordnung. ( lacht selber) Ich bin ambitionierter Flimboyvermarkter, aber kein guter Simon Conrads Vermarkter.

Julian: Ich hab keinen Bock Leute zu bedrängen. Wenn sie danach fragen, hab ich noch das Gefühl, dass ich denen was aufschwätze. Die können die Songs nicht hören und haben keinen Eindruck und das darauf folgende Gespräch stelle ich mir nicht schön vor. Ich find es schöner, wenn die etwas kennen und dann Fragen haben.

Simon: Ich verstehe das, aber muss auch gleichzeitig sagen, dass wenn man selber seine Musik nicht bewirbt, dann macht es keiner. Also ich denke wir gehen damit beide nicht hausieren, aber ich bin stolz auf das, was ich mache. Aber es ist nicht einfach zu vermitteln, dass ich stolz darauf bin, weil es schnell arrogant wirkt.

Was steht bei euch persönlich aber auch bei Flimboy jetzt in der Zukunft an ?

Simon: Also Flimboy hat jetzt eine eigene Band, mit der er proben kann aus Marburger Allstars aus dem Umkreis. Ich hoffe, dass wir weiter aufnehmen können und auch noch etwas Richtung Elektro gehen und ein Houseduo bilden à la David Guetta. Und dann hab ich auch noch mein eigenes Projekt als Fruit Junior. Da hab ich einen Song komponiert mit Julian als Duettpartner. Der soll bald kommen.

Julian: Also ich fänd proben ziemlich geil und ich würde auch gerne ein Houseduo sein. Wäre cool, wenn die Platte gut ankommt, ich hab auch Lust weiter Videos zu drehen und Songs zu schreiben. Aber sonst wünsche ich mir eigentlich, dass es da so bleibt, wie es ist.

studiert Politikwissenschaften, verbringt zu viel Zeit um sich über die BILD aufzuregen und isst süßes und salziges Popcorn gemischt.

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